Erschienen: 5. September 2023
Deutsche Ausgabe: 3. November 2025 (bei Cross Cult)
Inhalt: Trans Junge Silas denkt nicht daran, eine gehorsame Speaker-Ehefrau zu werden, so wie seine Eltern es für ihn vorherbestimmen. Sein Versuch, der arrangierten Ehe zu entkommen, misslingt und er wird in ein Mädchensanatorium gesteckt, wo er die "Schleierkrankheit" auskurieren soll. Doch dort spuken nicht nur die Geister ...
Andrew Joseph White zeigt in „The Spirit Bares Ist Teeth“ auf erschreckend bildliche Weise, wie patriarchale Strukturen marginalisierten Gruppen schaden können. Der Horror von liegt nicht im Durchbrechen der Geister in die reale Welt, auch nicht allein an den Gräueltaten, die den Figuren angetan werden, sondern an der Ungewissheit, die ständig zwischen den Zeilen schwebt. Das Sanatorium selbst wirkt nach außen hin relativ harmlos. Der eigentliche Schrecken liegt stets im Verborgenen. Leser*innen finden relativ früh heraus, was im Sanatorium vor sich geht, was für eine spannungsgeladene, drückende Stimmung sorgt.
Die düstere Atmosphäre eines alternativen viktorianischen Londons kommt sehr gut rüber, aufgewertet durch phantastische Elemente wie Geisterbeschwörungen, was an klassische Schauerromane erinnert. Silas mag so seine Eigenheiten haben, was ihn aber zu einem unglaublich nahbaren und einzigartigen Hauptcharakter macht. Ich habe wirklich von Seite zu Seite mit ihm mitgefiebert, mit ihm gefreut oder seine Ängste gespürt.
Der Stil ist sehr immersiv und bildlich. Die meisten Metaphern sind medizinischen Ursprungs, erinnern an Operationen. Das liegt vor allem an der Obsession der Hauptfigur für die Chirurgie. Aber sie funktionieren und geben dem Roman eine spezielle Eigennote.
Auch wenn es als Jugendbuch vermarktet ist, kann ich es nicht wirklich als solches einordnen. Es gibt explizite Gewaltdarstellungen, darunter körperliche Misshandlungen und Operationen bei Bewusstsein, und psychischen Terror. Silas‘ Umfeld ist extrem ableistisch, misogyn und transphob. Wenn man das Buch lesen möchte, sollte man solche Dinge aushalten können.
Sowohl sprachlich als auch inhaltlich ein unglaublich fesselnder Roman und ein persönliches Lesehighlight für mich.

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