22. Februar 2025

Rezension: Iron Widow - Rache im Herzen

Originaltitel: Iron Widow

Autor*in: Xiran Jay Zhao
Erschienen: 21. September 2021
Deutsche Ausgabe: 26. Juli 2023

Inhalt: Um Huaxia vor äußeren Bedrohungen zu schützen, steuern jeweils ein Mann und eine Frau einen Kampfroboter. Zu ihnen gehört Zetian, die sich am Mord an ihrer Schwester rächen will. Obwohl die Macht der männlichen Piloten wesentlich stärker ist als die der Frauen, kehrt Zetian im Gegensatz zu ihrem Co-Piloten lebend zurück. Doch statt als Heldin gefeiert zu werden, sperrt man sie ein ... 

„Iron Widow“ ist ein Science-Fiction-Roman, der vor allem durch sein düsteres Setting besticht und einer gelungenen Mischung aus Anime-Elementen und chinesischer Geschichte.

Ein Highlight sind für mich die sehr dynamisch beschriebenen Kampfszenen und das Design der Chrysalises. Insbesondere Fans von Mecha-Animes wie „Neon Genesis Evangelion“ werden hier auf ihre Kosten kommen.

Leider hat mich Hauptfigur Zetian nicht überzeugt. Sie besitzt durchaus interessante Eigenschaften und funktioniert auch als Hauptfigur. Ihre Motive sind verständlich und nachvollziehbar. Ihr Handeln ist allerdings durchweg aggressiv, unreflektiert und sie muss immer das letzte Wort haben, was anscheinend niemanden stört. Hinzukommt, dass sie mit Abstand die stärkste Pilotin von allen ist und das ohne großen Aufwand. Wenn jemand einmal nicht ihrer Meinung ist, wird er oder sie plattgemacht ohne Rücksicht auf Verluste, und erzähltechnisch wird immer hervorgehoben, wie gerechtfertigt ihre Handlungen sind.

Obwohl Zetian aufgewachsen ist wie viele andere Mädchen in dieser Welt auch, scheint sie außerdem die einzige zu sein, die freiheitliches Gedankengut entwickelt und gesellschaftliche Strukturen hinterfragt. Ihre Glaubwürdigkeit hat sie für mich verloren, weil sie eigentlich das Ziel hat, das Patriarchat zu stürzen und alle Frauen aus der Unterdrückung zu befreien, sie gleichzeitig aber Frauen rücksichtslos angreift und tötet, die sich dem System fügen, ohne deren Hintergründe zu hinterfragen. Wenn Zetian diese Frauen so sehr verachtet, frage ich mich, welchen Zweck es überhaupt hat, für sie zu kämpfen. Im ganzen Buch wird keine einzige Frau vorgestellt, die ähnliche Ansichten wie Zetian vertritt.

Dafür dass „Iron Widow“ als ein stark feministisches Werk beschrieben wird, hätte ich mir gewünscht, dass besser mit weiblichen Figuren umgegangen wird. Ich hätte mir zumindest mehr Verständnis von Zetian gegenüber Schwächeren gewünscht oder aber eine konkrete Stellungnahme des Erzählers zu ihrem Verhalten.

Die Liebesbeziehung der drei Hauptfiguren finde ich interessant, die Umsetzung leider sehr holprig. Wie Zetian mit beiden ein Verhältnis aufbaut, ist nachvollziehbar gestaltet. Da sie der gnadenlose Mittelpunkt der Handlung ist, kommt die Beziehung zwischen Yzhi und Shimin definitiv zu kurz und wirkt trotz ein, zwei kurzer Andeutungen sehr gezwungen. Beide wirken wie Zetians Schoßhündchen, die alles für sie tun würden, ohne sie zu hinterfragen, was beide sehr eindimensional macht.

Das Erzähltempo ist sehr schnell. Zum einen treibt es einen als Leser*in gut voran. Zum anderen fehlt wertvolle Zeit, sich in die Welt von „Iron Widow“ hineinzuversetzen. Streckenweise wird nur nacherzählt. Szenen folgen aufeinander, deren Zusammenhang man sich denken muss. Man merkt dem Werk an, dass hier versucht wurde, es auf eine angemessene Länge runterzubrechen, damit es verkaufstechnisch rentabel ist. Mehr wäre in diesem Fall auch mehr gewesen.

Mehr Tiefe hätte dem Roman gut getan, auch eine bessere Ausarbeitung des feministischen Ansatzes. Die Beziehung der Hauptfiguren bleibt trotz ihres Potentials oberflächlich.

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